Die Fraktionen und Bürgermeister nehmen wie folgt zu den für Würgassen vorgesehen Planungen zur Errichtung eines Logistikzentrums für schwach-und mittelradioaktive Abfälle Stellung:
1. Wir sind von der Art und Weise, wie mit uns als gewählte Vertreter der im Dreiländereck lebenden Menschen umgegangen wird, entsetzt. Die absolut ungenügende Informationspolitik der Bundesregierung und der von ihr beauftragten BGZ macht uns wütend. Die Sorgen und Nöte der Mitbürgerinnen und Mitbürger unserer Region sowie der örtlichen Behörden und Räte scheint man mit so einer Vorgehensweise überhaupt nicht ernst nehmen zu wollen. Eine Vertrauensbasis zu schaffen sieht anders aus.
2. Wir fordern die BGZ auf, transparent und nachvollziehbar den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort die Entscheidungsfindung zu erläutern. Hierzu stellen sich uns zuallererst folgende Fragen:
- Warum wird das Zwischenlager nicht bei Schacht Konrad gebaut?
- Welche Kriterien liegen der Entscheidungsfindung zu Grunde und treffen auf Würgassen zu?
- Wer hat die Entscheidung getroffen?
- Welche Rolle spielt dabei das Bundesumweltministerium?
- Welche Orte wurden alternativ geprüft?
- Wurde die Auswahl auf bestimmte Grundstücke beschränkt?
- Sind auch die derzeit noch aktiven Kraftwerksstandorte, bei denen noch Zwischenlager errichtet werden müssen, in die Auswahl mit einbezogen worden?
- Welche zusätzlichen Kosten wurden erfasst (z. B. Protestaktionen, Polizeieinsätze)?
- Wie realistisch ist die Inbetriebnahme 2027?
3. Wir haben große Sorge, dass entgegen anders lautendender Beteuerungen Würgassen zu einem Endlager für Atommüll werden könnte.
Was geschieht mit diesem „Logistikzentrum“, wenn Schacht Konrad nicht rechtzeitig fertiggestellt wird bzw. aus welchen Gründen auch immer, gar nicht in Betrieb genommen wird?
- Wird bereits Atommüll angeliefert, bevor Schacht Konrad in Betrieb geht?
- Welche Stoffe werden in dem „Zwischenlager“ eingelagert werden?
- Welche Mengen und welche Stoffe werden zeitgleich in Würgassen gelagert?
- Wird der Standort Würgassen auch ein Zwischenlager für andere ehemalige KKW-Standorte?
4. Die hier lebenden Menschen sind in großer Sorge, dass gesundheitliche Gefahren von den angelieferten Gütern ausgehen werden.
- Welche Stoffe sollen verarbeitet werden?
- Welche Strahlenbelastung geht von den Gebinden aus?
- Welchen Gefahren sind Mitarbeiter ausgesetzt?
- Wie ist die Sicherheit der Transporte gewährleistet?
- Ist die geplante Halle gegen Flugzeugabstürze gesichert?
5. Das ehemalige Kernkraftwerk Würgassen befindet sich zwar auf dem Gebiet der Stadt Beverungen, doch die Bedeutung des geplanten Logistikzentrums geht deutlich über das Stadtgebiet hinaus. Wird die niedersächsische und hessische Seite in die Planungen eingebunden?
6. Wir sind eine strukturschwache Region, die für die Schaffung jedes zusätzlichen Arbeitsplatzes dankbar ist und sich über zusätzliche Steuereinahmen freut. Wir lassen uns hiermit aber nicht kaufen.
7. Die vorhandene Infrastruktur ist für das Vorhaben bei weitem nicht ausreichend. Wir kämpfen seit Jahren für bessere Verkehrsanbindungen, werden aber immer wieder ausgebremst. Sowohl eine Andienung über die Straße als auch über die Bahn sind zurzeit überhaupt nicht gewährleistet. Mit der Wiederbelebung des früheren Bahngleises zum Kraftwerk ist es nicht getan.
Hat es bei der Entscheidungsfindung Untersuchungen zur Verkehrsstruktur gegeben?
Der überwiegende Transport soll über die Bahn erfolgen. Hat man mit der Bahn Gespräche hierzu geführt?
Die Bahnstrecke Ottbergen-Göttingen, die an Würgassen vorbeiführt, ist nach unseren Informationen für Güterverkehr ungeeignet. Hier sind umfangreiche, langwierige und kostspielige Investitionen erforderlich. Wurde das berücksichtigt?
8. Beverungen, Boffzen und Bad Karlshafen liegen inmitten des Weserberglandes an den Naturparken Reinhardswald und Solling. Es wurde und wird aktuell verstärkt in den Tourismus investiert. U. a. verläuft in unmittelbarer Nähe des geplanten Standortes mit dem Weserradweg der beliebteste Radweg Deutschlands. Der ebenfalls in Sichtweite verlaufende und mit EU-Mitteln geförderte länderübergreifende „Diemeltaler Schmetterlingssteig“ soll in diesem Jahr eröffnet werden. Zudem wurden und werden in der – stark vom Tourismus abhängigen – Kurstadt Bad Karlshafen mit hoher Förderung u. a. des Bundes mehrere Millionen Euro in die touristische Entwicklung rund um den Hafen investiert, und es gibt in Höxter eine Weltkulturerbestätte, eine Landesgartenschau ist dort in Vorbereitung. Wir haben die Sorge, dass mit einer Standortentscheidung für Würgassen all diese touristischen Bemühungen zunichte gemacht werden.
9. Bisher nicht ersichtlich ist, auf welcher rechtlichen Basis dieses „Logistikzentrum“ entstehen soll.
Welche Plan- und Genehmigungsverfahren sind notwendig?
Wer entscheidet über die einzelnen Genehmigungen auf welchen rechtlichen Grundlagen?
Welche Einflussmöglichkeiten haben wir als betroffene Kommune, und welche Möglichkeiten haben die betroffenen Bürgerinnen und Bürger in den geplanten Verfahren?
Wir fordern die BGZ auf, diese und weitere Fragen Ernst zu nehmen und uns hierauf spätestens in der Bürgerversammlung erste Antworten zu geben.
Um diese und viele weitere Fragen zu klären, hat Bürgermeister Hubertus Grimm unmittelbar nach Bekanntgabe der Entscheidung bei der BGZ eine Bürgerversammlung eingefordert, die am Mittwoch, 18.03. um 18.00 Uhr stattfinden wird. Aufgrund der zu erwartenden hohen Besucherzahl wurde diese Versammlung in die Stadthalle Beverungen verlegt.
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